Sonntag, 2. März 2008

Guru

Uh, ich habe heute einen Guru gesehen. Viele von meinen Lesern werden von Richard M Stallman (kurz RMS) noch nie etwas gehört haben, sollten ihn meiner Meinung aber dennoch kennen, da er ein Revolutionär und Vordenker in Sachen freiheitlicher Software ist.

In den Vereinigten Staaten geboren hat er als Student und später als Forscher im Labor für Künstliche Intelligenz am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) gearbeitet. Er war und ist Programmierer und hat nicht nur in seiner Freizeit Programme geschrieben, die in der Programmierer-Gemeinschaft rege ausgetauscht wurden.
Hier ist wohl auch die Idee entstanden, dass Software (also jegliche Programme) grundsätzliche frei zugänglich sein sollen und jeder diese verändern und weitergeben darf. Es wäre jetzt viel zu umfangreich, die Argumentation zum Thema freie Software hier zu führen oder auch nur den Weg nachzuzeichnen, welchen Stallman seit damals gegangen ist und dabei zahlreiche bahnbrechende Entwicklungen geschaffen hat. Als Entwickler des GNU-Systems haben er und die ihn umgebenden Programmierer nicht nur den Grundstein sondern gleich ein ganzes Fundament für ein Betriebsystem gelegt, welches wir heute unter dem Namen Linux kennen, was gerechterweise allerdings GNU/Linux heißen müsste ;)
Dass er der Erfinder und Verfasser der GNU-Public-License ist, wird zwar nur den Informatikern unter euch etwas sagen, das macht aber nichts, ich wollte es hier nur loswerden.

Dieser Mann, dessen Typus dem der meisten Grünen beim Einzug in den Bundestag sehr nahe kommt, wobei die Statur eher an einen Joschka erinnert, bevor er das Laufen für sich entdeckte ... dieser überaus kleine, langbärtige, leicht watschelnde aber ungemein sympathische Mann war also nun für einen Vortrag nach Stockholm gekommen und über 600 Leute hatten sich in den größten (aber dennoch zu kleinen) Hörsaal gezwängt, um ihn zu sehen. - Ich war einer davon. - Ganz hinten links :-)

Es war eine sehr unterhaltsame und auch zum Denken anregende Vorstellung. Stallman stellte nicht nur seine Ideen vor, die wohl am ehesten damit zusammenzufassen sind, dass der freie Fluss des Wissens oberste Priorität haben soll und auch kommerzielle Interessen damit in Einklang zu bringen sind, diesen freien Fluss aufrecht zu erhalten, sondern brachte auch in zahlreichen Anekdoten und bildlichen Vergleichen, dem Publikum näher, warum es für jeden von Interesse ist, freie Software zu nutzen und welche Risiken die sogenannte proprietäre (also gekaufte) Software mit sich bringen kann. (Auf eine weitere Ausführung verzichte ich hier, freue mich aber, wenn jemand mit mir darüber diskutieren möchte :) ) Für ihn war es von großer Wichtigkeit, dass sich eine Gesellschaft, welche mehr und mehr von digitalen Medien durchsetzt ist, sich auch mit diesbezüglichen Werten und Normen beschäftigt. Und auch eine Art Ethik hierzu aufbaut. Als zentraltsen Punkt sieht er allerdings die Freiheit sowohl des Einzelnen und des Wissen, welche nur durch freien Austausch gewährleistet werden kann. In vielen Punkten ist er fast schon philosophisch geworden ... Er ist auch ein sehr guter Redner, der sich nur vom Klicken des Wasserkochers unterbrechen ließ, der ihm mitteilte, dass es Zeit war, den nächsten Tee aufzugießen.

Es sei auch noch erwähnt, dass Stallmans Ideen von einigen als zu radikal angesehen werden und es zwischen Stallman und der Open-Source-Bewegung einige Spannungen gibt, doch ich glaube es ist nicht schlecht, wenn es solche Leute gibt, welche vehement dafür eintreten, dass man die Dinge auch aus mehr als nur einem Blickwinkel sehen kann. Und solange er argumentativ fest auf dem Boden steht, fand ich es sehr spannend, ihm zuzuhören.

Im Publikum fanden sich neben vielen "normalen" Studenten auch einige Klischee-Informatiker, deren fahler Teint nur noch durch den eigen Laptop-Monitor übertroffen wurde und bei deren Anblick man sich fragt, ob es nicht vielleicht doch schädlich ist, dass man selbst den Großteil eines Tages vor dem Bildschirm verbringt... Aber so genau habe ich mir das nicht angeschaut, denn Stallman war bei weitem interessanter ;)

Richterspruch

Mann mit Bart, EX-MIT,
Vordenker und C-Genie,
schuf das GNU und GCC,
kochte sich im Hörsaal Tee,
war eloquent und wortgewand,
=> Richard Stallman = interessant

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